Goldbaum und Schattenlaub (Wurzel)

400 x 400 x 70 cm
Aluminiumguss, Goldlackierung, Stahl

2025
Foto: Thomas Bruns, Berlin

Text: Dr. Sarah Scheibenberger, Oliver van den Berg


Goldbaum



Beim Betreten des Schulgebäudes wird man im Foyer von einer zentral an der Decke befindlichen Skulptur empfangen. Dem ersten Blick nach handelt es sich um die Nachbildung einer Wurzel aus einer Vielzahl von Verästelungen, die auf einen mittigen „Stamm“ hinführen, der nach oben in die Decke führt. Diese „Wurzel“ hat eine glänzend goldene Farbe.
Geht man weiter in das erste Stockwerk, erhält man Einblick in den dort beginnenden kleinen Innenhof. Dort steht mittig ein goldener „Baum“, wie man ihn auf den ersten Blick bezeichnen würde. Diese Baumskulptur ist die Weiterführung der „Wurzel“ aus dem Foyer, in gleicher Weise von goldener Farbe. Der im ersten Stock beginnende und nach oben offene Innenhof liegt direkt über dem hinteren Teil des Foyers, und die „Wurzel“ exakt unter dem „Baum“. Während man im Foyer frei unter die „Wurzel“ von rund 4m Durchmesser treten kann, ist der „Baum“ nur mit Abstand durch die Fenster zum Innenhof zu betrachten. Dieser Blick jedoch führt in den nach oben offenen Innenhof und weiter zum Himmel. Die Skulptur Goldbaum, bestehend aus den zwei Teilen „Wurzel“ und „Baum“, verbindet das Foyer insofern mit dem Himmel.
Auf den zweiten Blick ist die außergewöhnliche Formgebung der Skulptur erkennbar. Die Besonderheit der Nachbildung von Wurzel- und Baumverästelungen besteht in der Vielzahl von Segmenten, die, offensichtlich, aneinandergefügt sind.
Ein wesentliches Grundelement eines Baumes ist die Astgabel, die sich, in unterschiedlicher Art und Weise, wiederholt. Ein Ast gabelt sich in zwei Äste, die dann Gleiches tun usw. In der Natur gehen diese Gabelungen und Verästelungen nahtlos ineinander über: Sie wachsen.
Der Goldbaum besteht aus Astgabelungen, die zusammengesetzt sind und mal mehr, mal weniger „passen“. Die zum Teil unterschiedlichen Durchmesser der Gabelungen sind sichtbar, tun jedoch dem Wachstum des Baumes keinen Abbruch. Vielmehr zeigen die Segmente, dass der Baum auch hätte anders zusammengesetzt werden können, dass er anders hätte wachsen können, kurz: dass viele Formen möglich sind.
Die einzelnen Astgabelungen sind Abformungen von echten, der Natur entnommenen Astgabeln, die dann in Aluminium gegossen wurden. Sie besitzen somit die natürliche Form und lebendige Oberfläche mitsamt Rinde der echten Vorlagen. Die glänzend goldene Oberfläche der aus Abgüssen von echten Astgabelungen bestehenden Skulptur verleiht dieser einen Verheißungscharakter, setzt die Kraft der Imagination frei.
Der Schulname „Unter den Bäumen“ wird hier gewissermaßen räumlich umgesetzt, da man sich im Foyer tatsächlich unter der „Wurzel“ des Goldbaumes befindet. Sinnbildlich ist das Foyer, das alle Kinder, das Lehrpersonal und die Angestellten der Schule passieren und in dem sie sich aufhalten, der Nährboden dieses „Baumes“.
Die Segmente des „Baumes“ und der „Wurzel“ sind sichtbar. Sie zeigen in ihrer Einzigartigkeit, dass jede Möglichkeit des „Wachsens“, der Zusammensetzung, denkbar ist – auch dann, wenn die Einzelstücke vermeintlich nicht zueinander zu passen scheinen. Die einzeln aufgelesenen Astgabeln werden nach ästhetisch-kompositorischen sowie statisch-skulpturalen Kriterien zusammengefügt. Es sollen alle Varianten von „unpassenden“ bis „passenden“ Übergängen, von offenen Enden bis hin zu geschlossenen Verästelungen erkennbar sein.
In seiner abstrakten wie sinnbildlichen Form sensibilisiert diese Arbeit für eine Art Möglichkeitssinn.



Schattenlaub


Eine Gruppe weiterer Interventionen in den Treppenhäusern der Schule schließt sich inhaltlich an den Goldbaum an, auch wenn diese Arbeiten gänzlich anderer Materialität sind.
Auf vier Sichtbetonflächen, die sich zu je zwei Flächen auf die beiden Treppenhäuser aufteilen, befindet sich eine Wandbemalung. Diese bildet in eigenständig übersetzter Form den Schatten- und Lichteinfall nach, der entsteht, wenn Sonnenlicht durch Bäume und Fenster hindurch unregelmäßig ins Gebäude dringt. Dieses diffuse Lichtspiel zwischen dem Schatten der Blätter und dem einfallenden Licht erscheint wie ein natürliches Lichtspiel und verleiht der relativ nüchternen, dem rechten Winkel verpflichteten Architektur des Schulgebäudes auf subtile Weise einen Eindruck von Lebendigkeit und Bewegung.


Text: Dr. Sarah Scheibenberger, Oliver van den Berg